SUDEP Prävention
Nach aktuellen Studien (1) könnten bis zu 70 % aller SUDEP-Fälle verhindert werden durch adäquate Risikovorsorge und Präventionsmaßnahmen.
Prävention im häuslichen Umfeld
Patienten können ihr SUDEP-Risiko verringern, indem sie:
- Anfälle möglichst lückenlos dokumentieren und unverzüglich mit ihren Ärzten besprechen, damit die Therapie optimal angepasst werden kann;
- Mobile Gesundheitstechnologien einsetzen, die bei der Anfallskontrolle und Anfallsüberwachung helfen und ggf. Hilfspersonen alarmieren können;
- die ärztlicherseits empfohlene Therapie einhalten, d.h. insbesondere die Medikamente regelmäßig und vollständig nehmen (Compliance);
- eine gute Kommunikation mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt pflegen und ein aktives Epilepsiemanagement sicherstellen;
- in Gemeinschaft leben und insbesondere nachts das Anfallsgeschehen durch mobile Gesundheitstechnologien oder andere Methoden überwachen;
- mit Personen in Gemeinschaft leben, welche die SUDEP-Mechanismen kennen und in Erster Hilfe / Laienreanimation geschult sind und sich weiter regelmäßig schulen lassen;
- Schlaf in Bauchlage möglichst vermeiden.
- eventuell ein hartes Kissen benutzen;
- bekannte Anfallsauslöser vermeiden (z.B. Schlafentzug, Alkohol- und Drogenkonsum).
Aufklärung über SUDEP
Prävention beginnt damit, dass die Patienten vorbehaltlos und vollständig über sämtliche Risiken ihrer Erkrankung aufgeklärt sind. Patienten mit Epilepsie und ihre Angehörigen müssen wissen, dass es SUDEP gibt – und wie man ihn verhindert. Die Aufklärung muss eine Erläuterung des SUDEP-Risikos sowie die Möglichkeiten zur Risikovermeidung beinhalten. Risikovermeidung setzt eine sorgfältige ärztliche Betreuung und optimale Medikamententherapie, angepasstes Patientenverhalten und Überwachungsmaßnahmen voraus. Ein Arzt, der sich scheut, dieses Risiko mit seinen Patienten zu besprechen, setzt sich haftungsrechtlichen und ggf. sogar strafrechtlichen Folgen aus (Rechtspflicht zur Aufklärung).
Erst das Wissen um SUDEP ermöglicht es Betroffenen und Angehörigen, Maßnahmen oder Verhaltensänderungen zu ergreifen, die das Risiko vermindern können. Eine erhöhte Ängstlichkeit, Niedergestimmtheit oder verminderte Lebensqualität durch die Aufklärung über SUDEP ist weder bei Angehörigen noch Betroffenen zu erwarten (2).
Die Kommission „Patientensicherheit“ der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie gibt in der Publikation SUDEP kompakt, erschienen im Januar 2021 die folgenden Empfehlungen für die Praxis:
- Alle Epilepsiepatienten sowie Angehörige und Partner sollen über SUDEP und Risikofaktoren aufgeklärt werden.
- Die Aufklärung soll in einem persönlichen Gespräch zu einem frühen Zeitpunkt stattfinden, d. h. am besten bei der Diagnosestellung oder dem ersten Kontrolltermin.
- Patienten, Angehörige und Lebenspartner sollen über Maßnahmen informiert werden, die einem erhöhten Risiko bzw. einem drohenden SUDEP entgegenwirken können.
Zur Begründung weist die Kommission für Patientensicherheit auf die folgenden Aspekte hin:
- Die Information über SUDEP und die Risikofaktoren führt zu Verhaltensänderungen, die günstige Effekte auf einzelne Risikofaktoren haben können (3).
- Patienten und Angehörige möchten frühzeitig über das SUDEP-Risiko informiert werden. Dabei wünschen sich die meisten eine SUDEP-Aufklärung bei Stellung der Epilepsiediagnose oder kurze Zeit später, in einem persönlichen Gespräch mit dem Arzt oder Epilepsiefachassistenten (4).
- Patienten – selbst solche, die an Epilepsiezentren behandelt werden - haben nur selten etwas von SUDEP gehört. Passend zu dieser Beobachtung sprechen etwa zwei Drittel der befragten Neuropädiater bzw. Neurologen mit ihren Patienten selten oder nie über SUDEP (5).
- Etwa drei Viertel der Hinterbliebenen von an SUDEP verstorbenen Epilepsiepatienten hätten sich vor dem Tod ein Gespräch über SUDEP gewünscht (6).
Anfallskontrolle optimieren
Aktuellen wissenschaftlichen Schätzungen zufolge ließen sich etwa zwei Drittel der SUDEP-Fälle bei Menschen, die unter insbesondere nächtlichen tonisch-klonischen Anfällen (TKA) leiden, verhindern, wenn diese Anfälle vollständig kontrolliert und/ oder eine nächtliche Überwachung sichergestellt wäre (7).

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Wirksame Medikamententherapie
Nach derzeitigem Sachstand ist eine wirksame medikamentöse Anfallskontrolle die wichtigste Maßnahme, um das SUDEP-Risiko signifikant zu verringern. Der Therapieerfolg sollte seitens der Patienten und der Ärzte daher stets überprüft und Therapien ggf. angepasst werden (8). Im Idealfall besprechen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt, in welcher Form das weitere Anfallsgeschehen von Ihnen dokumentiert und kommuniziert wird und in welcher Form Sie oder Ihr Kind weiterbehandelt werden sollen. Zur Dokumentation stehen eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung: etwa Daten, die mithilfe mobiler Gesundheitssysteme gesammelt werden, handgeschriebene Epilepsie-Tagebücher, Apps, Handyfilme oder schriftliche Anfallsbeschreibungen von Familienmitgliedern, Mitschülern und Lehrern.
Therapietreue und aktives Epilepsiemanagement
Eine optimale Epilepsie-Therapie ist davon abhängig, dass der Patient sich an diese hält und dem Arzt möglichst genau berichtet, ob und wie die Therapie sich bewährt. Die sog. Therapietreue (Compliance) des Patienten kann vom Arzt nur beschränkt kontrolliert werden, so dass dieser ein hohes Maß an Eigenverantwortung hat. Der Patient muss daher das SUDEP-Risiko kennen. Er muss wissen, dass bei unregelmäßiger Einnahme von Epilepsiemedikamenten der erforderliche stabile Blutspiegel nicht aufgebaut werden kann und dieses Verhalten das SUDEP-Risiko erhöht. Dem Patienten muss außerdem klar sein, dass Verhaltensweisen, die Anfälle triggern können (z.B. Schlafentzug, überproportionaler Alkoholkonsum), möglichst vermieden werden sollten. Durch starke Nebenwirkungen oder andere Gründe (z.B. Kinderwunsch, Gewichtszunahme, Trägheit) kann der Wunsch entstehen, ein Medikament abzusetzen. Manche Patienten können auch den Eindruck haben, dass das verordnete Medikament nicht oder nicht mehr ausreichend wirkt. Gerade aufgrund des SUDEP-Risikos sollten Patienten jedoch nie ohne Rücksprache mit ihrem Arzt handeln, die Dosis verändern oder das Medikament absetzen.

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Gemeinsam sollten Arzt und Patient die Epilepsie aktiv managen. Hierzu gehört eine gute Beobachtung des Epilepsieverlaufs durch alle Beteiligten, frühe therapeutische Änderungen bei fehlender Anfallsfreiheit, Benutzung aller in Betracht kommenden therapeutischen Möglichkeiten, Medikamentencompliance und gute Kommunikation zwischen den Patienten und den behandelnden Ärzten.
Offene und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Arzt und Patient
Wichtig ist, dass zwischen Ihnen und Ihrem Arzt eine offene und vertrauensvolle Kommunikation stattfindet, die das SUDEP-Risiko beinhaltet. Sie sollten sich bzw. Ihr Kind genau beobachten und Ihren Behandler stets über das aktuelle Anfallsgeschehen informieren. Wenn der Patient über die Erkrankung und Therapie ausreichend informiert ist und versteht, welche Informationen der Arzt von ihm braucht, kann er optimal therapiert werden. Da der behandelnde Arzt seine Epilepsiepatienten außerhalb von Epilepsiespezialzentren häufig nicht öfter als zwei Mal pro Jahr sieht, ist der Arzt darauf angewiesen, dass der Patient ihm krankheitsrelevante Informationen zur Verfügung stellt. Der Patient muss darauf vertrauen können, dass der Arzt diese Schilderungen ernst nimmt und ggf. die Therapie anpasst oder ihn an ein Epilepsiespezialzentrum überweist.

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Behandlung in Epilepsiespezialzentren
Patienten, die auf die verschriebenen antiepileptisch wirkenden Medikamente nicht oder nicht ausreichend reagieren, sollten frühzeitig in ein epilepsiechirurgisch tätiges Behandlungszentrum überwiesen werden. Dort wird überprüft, ob die Epilepsie wirklich medikamentenresistent ist, und ob ggf. alternative Behandlungsmöglichkeiten in Betracht kommen (9).
Sollten Sie als Patienten oder Eltern eines kleinen Patienten das Gefühl haben, dass nicht alles für Sie oder Ihr Kind getan wird, sollten Sie sich eigenverantwortlich um eine Überweisung bzw. einen Termin in einem Epilepsiespezialzentrum kümmern.
SUDEP-Schutz der Patienten bei Abdosierung
In Epilepsiespezialzentren werden im Rahmen der Diagnostik häufig die antiepileptisch wirkenden Medikamente abgesetzt (sog. pharmakologische Abdosierung). Das SUDEP-Risiko dieser Patienten steigt dann. Als Patient bzw. Angehöriger sollten Sie mit darauf achten, dass Sie bzw. Ihr Kind bei Abdosierung besonders gut überwacht werden, damit bei Anzeichen eines Herz-Kreislauf-Zusammenbruchs ein früher Beginn lebenserhaltender Sofortmaßnahmen gesichert ist. Die permanente Besetzung von EEG-Monitoreinheiten mit in Wiederbelebungsmaßnahmen geschultem Personal muss gewährleistet sein. Scheuen Sie sich daher nicht, die behandelnden Ärzte darauf anzusprechen, ob und wie die Einrichtung diese Sicherheitsmaßnahme umsetzt.
Don’t sleep alone…
Nachts sterben die meisten Menschen an SUDEP. Meistens haben sie alleine geschlafen, und meistens werden sie in Bauchlage, mit dem Gesicht im Kissen, aufgefunden. Wie gezeigt (Wer ist SUDEP-gefährdet), haben Personen, die an nächtlichen tonisch-klonischen Anfällen (TKA) leiden und alleine schlafen, das größte SUDEP-Risiko (10). Daher sollten gerade Menschen, die zu nächtlichen TKA neigen, möglichst immer im Bett, im Zimmer oder (mithilfe eines Überwachungsgeräts) in der Nähe von Personen schlafen, die wissen, was SUDEP ist. Diese können bei Anfallsanzeichen bzw. bei durch ein Gerät ausgelöstem Alarm schnell intervenieren, die Atemtätigkeit der Betroffenen überprüfen und ggf. frühe kardiopulmonale Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen (11).
Unbeobachtete nächtliche TKA sind der stärkste Risikofaktor für den plötzlichen Epilepsietod, da keine Erste-Hilfe-Maßnahmen durchgeführt werden können. Personen, die mit anderen gemeinsam in einem Bett oder Zimmer schlafen bzw. durch Alarmsysteme und Personen überwacht werden, die sich in der Nähe aufhalten, haben daher ein deutlich geringeres Risiko, am SUDEP zu sterben (12).
Gesundheitstechnologien zur SUDEP-Prävention
Es gibt verschiedene mobile und stationäre Gesundheitstechnologien, die dabei helfen können, ein epileptisches Anfallsgeschehen aufzuzeichnen bzw. bei Anfällen einen Alarm auslösen. Neben Matratzensystemen und anderen stationären Systemen gibt es zunehmend mobile Geräte, die alltagstauglich sind. Geräte, die bei schweren (tonisch-klonischen) Anfällen zuverlässig Alarm auslösen, können wesentlich dazu beitragen, SUDEP-Todesfälle zu verhindern. Die Kommission für Patientensicherheit der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie empfiehlt daher, gerade nachts geeignete Überwachungsgeräte einzusetzen, um das SUDEP-Risiko zu verringern (13).
mobile und stationäre Gesundheitstechnologien
Mit mobilen Gesundheitstechnologien meinen wir medizintechnische Geräte, die am Körper getragen und kabellos mit einem Smartphone / Tablet o.ä. kommunizieren (z.B. Wearables). Wir meinen damit außerdem Technologien (z.B. Apps), die dabei helfen können, die Epilepsie zu kontrollieren, indem sie kontinuierlich Gesundheitsdaten erfassen. Mit stationären Gesundheitstechnologien meinen wir Geräte, die über Sensoren verfügen, die außerhalb des Körpers angebracht sind (bspw. Matratzen zur Anfallsdetektion), oder deren Sensoren zwar am Körper angebracht sind, die aber mittels eines Kabels mit einer Messstation verbunden sind.
Was zahlt die Krankenkasse?
Wenn man über den Einsatz von Gesundheitstechnologien spricht, stellt sich schnell die Kostenfrage. Müssen Krankenkassen solche Geräte bezahlen? Dies ist der Fall, wenn Ihnen das Gerät von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt verordnet wurde und es sich um ein Medizinprodukt bzw. ein Gerät handelt, das im sog. Hilfsmittelverzeichnis der Krankenkasse aufgeführt ist. Der Einsatz von alarmgestützten Geräten, die Anfälle erkennen, dient der Alltagssicherheit von Menschen mit Epilepsie und kann wesentlich dazu beitragen, einen SUDEP-Todesfall zu verhindern. Krankenkassen sind daher grundsätzlich verpflichtet, geeignete Geräte, die als Medizinprodukt anerkannt sind, zu finanzieren.
Was ist ein Medizinprodukt?
Ein Produkt darf nur dann als Medizinprodukt bezeichnet werden, wenn es sicher und im Rahmen der vom Hersteller vorgegebenen Zweckbestimmung medizinisch-technisch leistungsfähig und nützlich ist. Die Zertifizierung erfolgt im Rahmen enger, auf EU-Recht basierender Regeln zur Qualitätssicherung. Sie muss in regelmäßigen Abständen wiederholt werden.
Medizinprodukte dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung (Conformité Européenne) versehen sind. Im medizinischen Bereich darf die CE-Kennzeichnung nur dann angebracht werden, wenn die umfangreichen gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind, die eine Bezeichnung als „Medizinprodukt“ erlauben. Die CE-Kennzeichnung steht deshalb für Sicherheit, Leistungsfähigkeit und extern (neutral) überprüfte Qualität des Produkts.
Nur ein Medizinprodukt kann von den Krankenkassen als Hilfsmittel anerkannt werden und ist ersatzfähig.
Einige geeignete Geräte (insbesondere Matratzensensoren) finden sich im Hilfsmittelverzeichnis der Gesetzlichen Krankenversicherungen und verfügen über eine Hilfsmittelnummer. Dies kann die Kostenübernahme erleichtern. Allerdings wurde zuletzt vor fast 10 Jahren - Anfang 2012 - ein Gerät zur Epilepsiedetektion in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen. Modernere Systeme finden sich hier bislang nicht. Soweit es sich um zertifizierte und für die Anfallsdetektion geeignete Medizinprodukte handelt, sind auch modernere Geräte grundsätzlich verordnungs-und erstattungsfähig.
Antrag auf Kostenübernahme
Nach Verordnung eines geeigneten Geräts durch Ihren Arzt beantragen Sie bei der Krankenkasse die Kostenübernahme. Es kann hilfreich sein, sich bei der Antragstellung von einem Sozialdienst an einer spezialisierten Klinik, Ambulanz (z.B. Epilepsiezentrum oder Epilepsieambulanz) oder einer Epilepsieberatungsstelle beraten zu lassen. In einigen Fällen können Sie sich direkt an den Hersteller wenden, der Sie bei der Beantragung der Kostenübernahme unterstützt. Hilfreich ist in jedem Fall, die Notwendigkeit des Geräts sozialmedizinisch zu begründen.
Die Krankenkasse muss über Ihren Kostenübernahmeantrag innerhalb von 3 Wochen ab Antragstellung entscheiden. Wenn der Medizinische Dienst (MDK) in die Entscheidungsfindung einbezogen wird, beträgt die Frist insgesamt 5 Wochen.
Bin ich frei in der Geräteauswahl?
Manche Krankenkassen schließen mit Anbietern Verträge über die Hilfsmittelerbringung ab. Dies kann dazu führen, dass Sie ein Produkt des Vertragspartners wählen müssen (§ 33 Absatz 6 Satz 1 SGB V). Ihre Krankenkasse muss Sie darüber informieren, wer Vertragspartner ist. Sie müssen ggf. prüfen, ob das Produkt des Vertragspartners und das von Ihnen bzw. Ihrem Arzt gewählte Produktgleichermaßen wirkungsvoll sind.
Was tun, wenn die Krankenkasse nicht zahlt?
Nicht selten lehnen Krankenkassen selbst berechtigte Kostenübernahmeanträge ab. Sie sollten, ggf. mit Unterstützung der o.g. Beratungsstellen, Widerspruch gegen eine Entscheidung einlegen, mit der die Kostenübernahme für ein Anfallsdetektionssystem abgelehnt wird. Widersprüche sind im Regelfall binnen einer Frist von 4 Wochen einzulegen und zu begründen. Hierauf muss die Krankenkasse Sie im ablehnenden Bescheid hinweisen.
Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns über Ihre Erfahrungen bei der Kostenübernahme berichten würden – seien sie positiv oder negativ. (zum Kontakt)
Hilfsmittel - Welche Technologie soll es werden?
Weder für Patienten noch für Ärzte ist die Auswahl eines geeigneten Anfallsdetektionsgeräts leicht. Im Internet werden zahlreiche Produkte beworben. Es gibt, soweit ersichtlich, keine von unabhängigen Instituten erstellte Bewertungen oder Gesamtübersichten. Auch das Hilfsmittelverzeichnis der Krankenkassen bietet keine wirkliche Orientierung, da dieses zuletzt – wie gezeigt – vor knapp 10 Jahren ein System aufgenommen hat und modernere Anfallsdetektionssysteme und Sensortechniken nicht berücksichtigt.
Nachstehend stellen wir Ihnen die verfügbaren Produktgruppen sowie einige Geräte vor, deren Kosten von den Kassen im Regelfall übernommen werden müssen. Diese Geräte erfüllen mindestens eines der folgenden Kriterien:
- Das Gerät hat eine prospektive klinische Phase-3-Studie (14) durchlaufen und dort eine hohe Zuverlässigkeit bei der Detektion von tonisch-klonischen Anfällen bewiesen. Als Sensortechnik eingesetzt wurden Akzelerometer, piezoelektrische Sensoren (Matratzensensor) oder Elektromyographie sowie ggf. ergänzende Messtechniken;
- Es handelt sich um ein EU-Medizinprodukt und verfügt über eine CE-Nummer;
- Das Produkt ist ein anerkanntes Hilfsmittel der Gesetzlichen Krankenversicherungen und verfügt über eine Hilfsmittelnummer.
Welche Produktgruppen gibt es?
Man unterscheidet mobile und stationäre Geräte.
Mobile Geräte werden am Körper getragen und kommunizieren kabellos mit einem Smartphone, einem Tablet oder einer Basisstation. Hierzu zählen wir außerdem Apps, die bspw. auf einem Smartphone installiert werden und dabei helfen können, die Epilepsie zu kontrollieren, indem sie kontinuierlich Gesundheitsdaten erfassen.
Stationäre Geräte sind an einen festen Platz gebunden und werden im häuslichen und klinischen Bereich eingesetzt. Sie verfügen über Sensoren, welche außerhalb des Körpers angebracht sind (bspw. Matratzen zur Anfallsdetektion), oder deren Sensoren zwar am Körper angebracht sind, die aber mittels eines Kabels mit einer Messstation verbunden sind (z.B. manche Pulsoximeter).
Wearables zur SUDEP-Prävention
Wearables sind kleine mobile Geräte, die man bspw. am Oberarm, Handgelenk oder Kopf trägt. Sie sind „vollgestopft mit Technik“ und kommen v.a. im häuslichen Umfeld bzw. im normalen Lebensalltag zum Einsatz. Die integrierten Sensortechnologien messen kontinuierlich oder zu regelmäßigen Zeitpunkten verschiedene Körpersignale. Sie können dabei helfen, die körperlichen Vorgänge besser zu verstehen und sollen bei einem mutmaßlichen Anfallsgeschehen einen Alarm auslösen.
Seit etwa 10 Jahren gibt es rasante Entwicklungen im Bereich Sensortechnologien. Diese ermöglichen anhand von Bewegungsmustern und anderen Körpersignalen detaillierte Rückschlüsse auf die Art und den Hintergrund von Bewegungen und anderen körperlichen Phänomenen. Das bekannteste Beispiel für ein „Wearable“ sind Smartwatches. Diese können mittlerweile bspw. Anomalien beim Herzrhythmus erkennen, sodass die Grenze zwischen Freizeit- und Medizinprodukt fließend ist. Durch die zunehmende Miniaturisierung können in den kleinen Geräten mittlerweile komplexe technische Gesundheitsdiagnostiksysteme verwendet werden, die früher nur mit aufwendigen Großapparaturen und vielen Verkabelungen möglich waren.
Für die SUDEP-Prävention geeignete Geräte messen die elektrische Muskelaktivität (EMG-basiert), anfallstypische Bewegungen (ACM-basiert), den Puls bzw. die Herzrate (PPG-basiert) bzw. die arterielle Sauerstoffsättigung (Lichtsensoren). Manche Geräte verwenden mehr als eine Sensortechnik, was die Zuverlässigkeit der Messungen erheblich erhöhen kann.
Geräte, die in Echtzeit kontinuierlich Daten an einen Server übertragen und diese auf dem Server speichern, können helfen, die Erkrankung besser einzuordnen. Gemeinsam mit dem Arzt können die Daten ausgewertet und die Therapie bei Bedarf optimiert werden. Beides – die Zusammenarbeit und optimierte Therapiesteuerung als auch die erhöhte Sicherheit– können das SUDEP-Risiko erheblich reduzieren.
Da Rettungsmaßnahmen beim drohenden SUDEP sehr zeitkritisch sind, müssen die eingesetzten Geräte zuverlässig TKA-Anfälle erkennen und über ein stabiles Alarmsystem verfügen, mit dem Hilfspersonen alarmiert werden.
Die Kommission für Patientensicherheit empfiehlt den Einsatz von Wearables für die SUDEP-Prävention
Die Kommission für Patientensicherheit der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie empfiehlt, Wearables zur Detektion von TKA einzusetzen, um das SUDEP-Risiko zu verringern.
Geeignet sind Geräte,
- die einen Notfallalarm beim Auftreten von TKA auslösen. Dieser ermöglicht es Hilfspersonen, schnell Erste Hilfe zu leisten und dadurch eine möglicherweise fatale SUDEP-Kaskade zu unterbrechen.
- die das Anfallsgeschehen im Alltag erfassen und dokumentieren. Dies kann dem Arzt dabei helfen, die Therapie zu verbessern und Anfälle zu verhindern. Eine optimale Anfallskontrolle verringert das SUDEP-Risiko.
Bislang können andere Anfallstypen als TKA von den existierenden Geräten noch nicht zuverlässig erkannt werden. Auch eine zuverlässige Vorhersage von Anfällen ist bislang noch nicht möglich (15).
Auch die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) empfiehlt zusammen mit der Internationalen Föderation für klinische Neurophysiologie (IFCN) in ihrem klinischen Praxisleitfaden von 2021 Wearables zur Detektion von TKA zu verwenden.
Die ILAE-IFCN-Arbeitsgruppe empfiehlt die Verwendung von klinisch validierten Wearables zur automatisierten Erfassung von generalisierten und fokal zu bilateralen tonisch-klonischen Anfällen, wenn erhebliche Sicherheitsbedenken bestehen und insbesondere bei unbeaufsichtigten Patienten, die sich kein Schlafzimmer teilen, aber bei denen ein Alarm zu einem schnellen Eingreifen innerhalb von 5 Minuten führen kann (schwache/bedingte Empfehlung). Für die Detektion anderer Anfallsarten werden Wearables derzeit noch nicht empfohlen.
Epi-Care Free
- Wearable (Armband, wird am Handgelenk getragen)
- Sensortechnik: Akzelerometer (Bewegungssensor) in Verbindung mit einer stationären Basisstation
- zur Detektion von tonisch-klonischen Anfällen / Alarmsystem geeignet
- Einsatz im häuslichen Bereich (nachts und tagsüber) in Reichweite der Basisstation
- gemäß den Ergebnissen einer Phase-3-Studie erkennt Epicare free 91% aller tonisch-klonischen Anfälle
- nur für den häuslichen Bereich geeignet. Benutzung nachts und tagsüber möglich.
- für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene geeignet
- www.epitech.de
- Medizinprodukt der Klasse 1.
- CE-zertifiziert
- als Hilfsmittel anerkannt; Hilfsmittel-Nr. 21.46.01.0003
- Verordnungsfähig
Epi-Care mobile
- Wearable (Armband, wird am Handgelenk getragen)
- Sensortechnik: Akzelerometer (Bewegungssensor), nur in Verbindung mit (mitgeliefertem)Mobiltelefon einer bestimmten Marke und App möglich
- zur Detektion von tonisch-klonischen Anfällen / Alarmsystem geeignet
- Löst bei epileptischem Anfall Alarmanruf an das Mobiltelefon der Bezugsperson aus. Zusätzlich kann der Aufenthaltsort des Betroffenen als GPS-Koordinate per SMS mitgeteilt werden. Die App sendet auch eine Nachricht, wenn das Armband außer Reichweite ist oder neu geladen werden muss.
- Indoor und outdoor geeignet. Benutzung tagsüber und nachts möglich.
- für Jugendliche ab 10 Jahren und Erwachsene geeignet
- www.epitech.de
- Medizinprodukt, Klasse unbekannt
- CE-zertifiziert
- Anerkennung als Hilfsmittel / Hilfsmittelnummer unbekannt
- Verordnungsfähig: unbekannt
NightWatch
- Wearable (Armband, wird am Oberarm getragen)
- Sensortechnik: multimodal (2 Sensoren): 3D-Akzelerometer (Bewegungssensor) und Messung des Herzrhythmus (PPG, Photoplethysmographie), Messung mit verschiedenen Algorithmen. Benutzung in Verbindung mit einer stationärer Basisstation, die mit bis zu 5 Empfangsgeräten (Mobiltelefonen) gekoppelt werden kann, um bei Anfallsgeschehen alarmiert zu werden.
- zur Detektion von tonisch-klonischen Anfällen sowie anderer klinisch relevanter Anfälle geeignet / Alarmsystem
- Einsatz im häuslichen Bereich (v.a. nachts und bei Mittagsschlaf) in Reichweite der Basisstation (max. 15m) und in stationären Einrichtungen (Anschluss an Lichtrufanlage)
- Gemäß den Ergebnissen einer Phase-3-Studie erkennt Nightwatch 96 % aller TKA
- nur indoor geeignet. Benutzung nachts und tagsüber möglich.
- für Kinder ab 4 Jahren, Jugendliche und Erwachsene geeignet.
- www.nightwatchepilepsy.com
- Medizinprodukt der Klasse 1.
- CE-zertifiziert
- Anerkennung als Hilfsmittel ist ausstehend (Stand: April 2021).
- Verordnungsfähig
Apps
Es gibt zahlreiche Apps, mit denen das Epilepsiegeschehen dokumentiert werden oder die – in Verbindung mit einer Smartwatch – auch Anfälle aufzeichnen können. Wir kennen uns in diesem Bereich noch nicht genug aus, um valide Informationen zusammenzustellen. Diese finden sie in Kürze hier.
Bettenalarmsysteme / Matratzen zur Anfallsdetektion
Seit geraumer Zeit am Markt etabliert sind Matratzen, die mit Bewegungssensoren ausgestattet sind. Die Sensoren liegen zwischen Lattenrost und Matratze. Neben das Bett wird ein Aufzeichnungsgerät gestellt, das über Kabel mit den Sensoren verbunden ist. Das Gerät löst einen Alarm aus, wenn die schlafende Person einen Anfall erleidet, der mit motorischen Symptomen einhergeht. Die Bettsensoren müssen auf das Gewicht des Patienten und die verwendete Matratzenstärke eingestellt werden.
Produkte entsprechend unseren Kategorien sind:
Epi-Care 3000
- Bettenalarmsystem
- Sensortechnik: Bewegungssensor mit Basiseinheit. Drucksensor unter der Matratze. Dokumentation des Anfallsgeschehens, Dauer und Stärke.
- Zur Detektion von TKA geeignet / Alarmsystem
- für Erwachsene, Kinder und Säuglinge geeignet
- www.epitech.de
- Medizinprodukt der Klasse 1.
- CE-Kennzeichnung
- Hilfsmittel-Nr. 21.31.01.0001
- Verordnungsfähig
EMFIT MM
- Bettenalarmsystem
- Sensortechnik: Bewegungs-/Drucksensor mit kabelgebundener Dockingstation. Messung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) RMSSD in 3min-Abständen; erfasst Schlafepisoden; erfasst Zeit im Bett; Bewegungen im Bett; Autonomic Nervous System
- Zur Detektion von TKA geeignet / Alarmsystem
- für Erwachsene, Kinder und Säuglinge geeignet
- www.emfit.com
- Medizinprodukt der Klasse 1.
- CE-Kennzeichnung
- Hilfsmittel-Nr. 21.46.01.0004
- Verordnungsfähig
Pulsoximeter
Gerade bei Dravet-Patienten sind seit geraumer Zeit Pulsoximeter zur Anfallsdetektion etabliert. Pulsoximeter messen die Sauerstoffsättigung im arteriellen Blut. Diese fällt im und nach einem Anfall ab. Teilweise messen die Geräte neben der Sauerstoffsättigung auch Puls und Herzrhythmus. Zur Messung muss ein Sensor am Körper (meistens Finger, Zeh oder Handgelenk) befestigt werden. Wenn der Sauerstoffwert im Blut abfällt, ertönt ein Signal. Es gibt kabelgebundene und kabellose (mobile) Pulsoximeter.
Es gibt zahlreiche Geräte zur Messung der Sauerstoffsättigung, so dass wir von konkreten Produkthinweisen absehen. Geeignete Geräte können über REHADAT recherchiert werden.
Sonstige Geräte
Für die Detektion von Anfällen (und damit für die SUDEP-Prävention) kann man auch Geräte einsetzen, die nicht spezifisch für Epilepsiepatienten oder als Medizinprodukt entwickelt wurden. Zu nennen sind beispielsweise Babyphones, die auf Geräusche reagieren, oder Kamerasysteme, die auf optische und / oder akustische Reize reagieren und ggf. einen Alarm auslösen.
Welche Systeme oder System-Kombinationen für Sie oder Ihr Kind in Frage kommen, hängt von der individuellen Ausprägung der Erkrankung und von Ihren Bedürfnissen ab. Es ist wichtig, die Geräte zu testen. Besprechen Sie die Möglichkeiten mit Ihrem Arzt, tauschen Sie sich in Patientenorganisationen aus und fragen Sie auch direkt bei den Herstellern nach, wenn Sie sich unsicher sind.
Medizinprodukte bzw. Hilfsmittel, die bei einer Epilepsie hilfreich sein können, finden sich im Internet auf der Webseite www.rehadat-hilfsmittel.de (Suchwort „Epilepsie“ oder „Pulsoximeter“). Dort finden sich auch Herstellerangaben und Kontaktadressen.
Sensortechniken
Die „Kommission Patientensicherheit“ der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie, die International League against Epilepsy und die International Federation of Clinical Neurophysiology empfehlen, zur Minimierung des SUDEP-Risikos geeignete Gesundheitstechnologien zur Detektion von tonisch-klonischen Anfällen (TKA) einzusetzen (16).
Mit Sensoren können akustische, visuelle, mechanische, elektrische und elektromagnetische Signale erfasst werden (17). In den aktuellen Systemen für die Anfallserkennung werden insbesondere Beschleunigungssensoren, Sensoren zur Messung elektrischer Spannung und Leitfähigkeit sowie Leucht- und Photodioden bzw. hochauflösende Miniaturkameras verwendet (18). Die für SUDEP besonders relevanten fokalen zu bilateral oder generalisierten TKA können aufgrund ihrer typischen Bewegungen besonders gut erkannt und von Alltagsbewegungen oder nicht-epileptischen Anfällen unterschieden werden (19). Es kommt hier auch zu anderen, autonom messbaren körperlichen Änderungen, etwa Änderungen in der Herzfrequenz, elektrischen Hautleitfähigkeit, Atmung und die Sauerstoffsättigung des Blutes (20). Im Optimalfall werden mehrere Körpersignale erfasst und ausgewertet, was zu einer präziseren Anfallsdetektion führt.
Beschleunigungssensoren (ACM, Akzelerometer)
Häufig werden in für die Anfallsdetektion geeigneten Geräte miniaturisierte 3D-Akzelerometer (ACM, Accelerometer, Beschleunigungssensoren) eingebaut. Diese sind nur wenige Millimeter groß. Sie messen, wie und wohin sich das Gerät bewegt. Hierdurch können über die typischen Bewegungsmuster Rückschlüsse auf die zugrunde liegende Bewegungsart – und damit auch auf TKA – getroffen werden. Viele Menschen sind mit dieser Technik durch den Gebrauch von Smartwatches oder Fitnesstrackern vertraut, die bspw. die tägliche Schrittanzahl oder die Sportart erraten können, die man gerade betreibt. Nach dem Ergebnis einer klinischen Studie konnten die geprüften Geräte die für SUDEP besonders relevanten TKA mit über 90 %iger Zuverlässigkeit erkennen (21). Andere Anfälle mit dominierenden motorischen Symptomen wurden mit einer Zuverlässigkeit zwischen 80–96 % erkannt (22).
Quelle: Eigene Darstellung nach Surges R. Wearables bei Epilepsien. Klin Neurophysiol 2021; 51: 1–10.
Piezoelektrische Sensoren
Bei Sensoren, die nicht am Körper, sondern am Bett oder unter der Matratze positioniert werden, handelt es sich um piezoelektrische Systeme. Diese erzeugen elektrische Ladung durch physikalische Krafteinwirkung. Hiermit kann man anfallsbedingte Bewegungen und Druckänderungen messen (23).
Sensoren zur Erfassung elektrischer Spannung (EMG, EKG, EEG, EDA)
Eine Anfallserkennung ist auch über Sensoren möglich, welche elektrische Spannungsänderungen messen. Solche Spannungsänderungen sind im Körper und an der Haut, wenn sich im Gehirn sowie der Skelett- und Herzmuskulatur Aktivitäten ändern. Mit Hautelektroden, die z. B. am Oberarm, auf dem Brustkorb, an der Kopfhaut oder im äußeren Gehörgang angebracht werden, können diese elektrischen Spannungsänderungen gemessen werden. Bspw. kann man die Hautleitfähigkeit messen und analysieren, um festzustellen, ob die Schweißproduktion in den Kontext eines Anfalls passt.
Technologien zur Erfassung der elektrischen Spannung sind EMG (Elektromyografie, Messung am Oberarm oder Brustkorb), EKG (Elektrokardiografie, Messung am Brustkorb), EEG (Elektroenzephalografie, an der Kopfhaut oder im äußeren Gehörgang) sowie EDA (elektrodermale Aktivität, Messung der Hautleitfähigkeit). Mithilfe dieser Technologien können die elektrischen Muster von tonischen und klonischen Kontraktionen, die Herzfrequenz und andere elektrische Herzeigenschaften, auf Hirnaktivität beruhende Spannungsänderungen sowie der elektrische Leitungswiderstand der Haut gemessen werden.
Bei Wearables kommen v.a. EMG-Technologien zum Einsatz. In klinischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass TKA mithilfe von EMG-Sensoren zuverlässig detektiert werden (24). Die per EMG-Sensoren (am Bizeps- oder Deltamuskel) gemessenen Merkmale der tonischen Muskelanspannung im TKA unterscheiden sich von anderen tonischen Muskelanspannungen. Hierdurch kann man zuverlässig zwischen epileptischen und psychogenen nicht-epileptischen Anfällen unterscheiden (25).
Leucht- und Photodiode
Die Herzrate kann mithilfe der Photopletysmografie (PPG) erfasst werden. Dabei kommen Leuchtdioden (LED) und lichtsensitive Photodioden zum Einsatz, die durch Unterschiede bei der Lichtabsorption von Gewebe die Herzrate bestimmen. Auch die Sauerstoffsättigung des Blutes kann per PPG bestimmt werden, da die Lichtabsorption des Hämoglobins von der Beladung mit Sauerstoff abhängt.
Miniaturkameras
Anfälle können auch mit Smartphone-Kameras oder anderen Videosystemen aufgezeichnet werden. Sie erlauben es dem Arzt, nicht epileptische (z.B. psychogene oder synkopale) Anfälle von epileptischen Anfällen zu unterscheiden. Film- bzw. Kameraaufnahmen erleichtern dem Arzt signifikant die Diagnosestellung. Auch hier gibt es rasante technologische Fortschritte. So können anfallsassoziierte Bewegungen auch per automatisierter Analyse von Kameraaufzeichnungen (u. a. häusliche oder in Einrichtungen fest installierte Überwachungskameras) mit hoher Zuverlässigkeit detektiert werden (26). Diese können bspw. geringfügige Änderungen der Hautfarbe erfassen, die für das bloße Auge nicht sichtbar sind. Aus solchen Signalen kann bspw. die Pulsrate abgeleitet werden (27).
... zur vollständigen Publikationsliste
(1) bis zu 70% der SUDEP-Todesfälle sind, wenn man bestimmte Vorsichtsmaßnahmen ergreift, vermeidbar (Sveinsson, Risk factors, 2020).
(2) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021; Gayatri, 2010; Radhakrishnan, 2018; Tonberg, 2015; Bellon, 2015; Cowdry, 2020; Nashef, 2017.
(3) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021; Radhakrishnan, 2018; Shankar, Decreasing the risk, 2018.
(4) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021; Gayatri, 2010; Kroner, 2014; Ramachandrannair, Parents, 2013; Ramachandrannair, Discuss or not, 2016; Ramachandrannair, Adult patients, 2016; Tonberg, 2015; Xu, 2015.
(5) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021; Strzelczyk, Empirische Studie, 2016; Surges, 2018.
(6) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021; Gayatri, 2010; Ramachandrannair, Discuss or not, 2016; Ramachandrannair, Adult patients, 2016; Xu, 2015; Louik, 2017.
(7) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021; Sveinsson, Risk factors, 2020.
(8) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021; Ryvlin, Meta-Analyse, 2011; Sveinsson, Treatment, 2020.
(9) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021.
(10) Noe, 2020; Sveinsson, Risk Factors, 2020.
(11) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021.
(12) Lamberts, 2012.
(13) Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021.
(14) Um einen einheitlichen Qualitätsstandard zu schaffen bzw. eine verbesserte Vergleichbarkeit der Produkte zu gewährleisten, gibt es mittlerweile Gütekriterien, die den wissenschaftlichen Studien über Wearables bzw. sonstigen Hilfsmitteln für die Anfallsdetektion zugrunde gelegt werden sollen. Die Produkte sollen wissenschaftlich in 5 Schritten anhand von Phase-0 bis Phase-4-Studien getestet werden. In den Phasen 0, 1 und 2 werden die Algorithmen und deren Güte bewertet. In Phase-3-Studien werden diese Algorithmen und die hierfür ausgewählten Technologien unter kontrollierten stationären Bedingungen (Video oder Video-EEG-Monitoring), bspw. in Epilepsiezentren, ausgewertet. Man prüft also z. B., ob das Gerät unter Echtbedingungen einen Anfall erkennt. In Phase-4-Studien soll geprüft werden, ob die Geräte unter kontrollierten Bedingungen auch im häuslichen Umfeld funktionieren.
(15) Surges, Wearables, 2021; Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021.
(16) Beniczky, 2021; Maguire, 2020; Surges, DGfE Kommission „Patientensicherheit“, 2021.
(17) Surges, Wearables, 2021.
(18) Surges, Wearables, 2021.
(19) Surges, Wearables, 2021.
(20) Surges, Wearables, 2021; Baumgartner, 2001; Bateman, 2008; Surges, 2010; Poh, 2012.
(21) Surges, Wearables, 2021; Beniczky, 2013.
(22) Surges, Wearables, 2021.
(21) Surges, Wearables, 2021; Narechania, 2013.
(22) Surges, Wearables, 2021.
(23) Surges, Wearables, 2021; Beniczky, 2015; Beniczky, 2016.
(24) Surges, Wearables, 2021; van Westrhenen, 2020.
(25) Surges, Wearables, 2021.
(26) Surges, Wearables, 2021.
(27) Surges, Wearables, 2021.