Lieber Herr Porschen, Sie engagieren sich seit vielen Jahren als Patientenvertreter, sind in der Epilepsie-Selbsthilfe NRW aktiv und leben selbst mit Epilepsie. Sie informieren, vermitteln und klären andere Patientinnen/Patienten auf. Wie kam es zu Ihrem Engagement?
Ja, ich bin selbst von Epilepsie betroffen. Es hat mich Mitten im Leben in jungen Jahren getroffen. Am Anfang wollte ich eigentlich nichts von dieser Erkrankung wissen. Dann bekam ich immer wieder diese großen Anfälle, auch auf der Arbeit oder in der Einkaufspassage unter Menschen. Ich bin dann in eine Epilepsie-Selbsthilfegruppe gegangen. Schnell habe ich gemerkt: Mir geht es viel besser als einigen andere Personen und ich wollte mehr wissen. So wurde ich selbst aktiv und informierte mich, mit Hilfe von Büchern und Artikeln.
Der Wechsel zum neuen Arbeitgeber, der für die gesundheitliche Prävention und Aufklärung in Deutschland zuständig ist, war ein noch größerer Antrieb für mich selbst. Ich lernte dort viele Instrumente und Maßnahmen der gesundheitlichen Prävention kennen, die ich im Kleinen in der Epilepsie gerne umsetzen wollte. Das habe ich dann in meiner Freizeit im Ehrenamt gemacht - zusammen mit Patienten, Angehörigen und Ärzten.
Mittlerweile gibt es schon mehr Veranstaltungen für die Patienten selbst. Beispielsweise den Patiententag auf der Jahrestagung der DGfE. Der Dank gilt dabei allen, die mitgeholfen haben und es auch immer noch tun. Heute läuft natürlich vieles auch über die neuen Online-Medien.
Seit Kurzem sind Sie stopSUDEP-Botschafter. Gemeinsam wollen wir erreichen, dass über SUDEP mehr gesprochen wird. Das Thema SUDEP begleitet Sie ja schon länger. Warum ist es für Sie ein so wichtiges Thema?
Ich halte das Thema für sehr wichtig! Deshalb freut es mich sehr, der neue stopSUDEP-Botschafter zu sein. Ich habe das Thema schon in den Anfängen über internationale Epilepsie-Kongresse und Tagungen im Ausland kennengelernt. Australien, England und Amerika waren sehr viel weiter als Deutschland. Dort wurde schon früh interessante Aufklärungsarbeit geleistet.
Bereits Ende der 90er Jahre habe ich SUDEP als Schwerpunktthema für mich gesehen. Ein Schlüsselerlebnis in diesem Prozess war eine etwa 100-seitige Veröffentlichung von Epilepsy Australia und Epilepsy Bereaved von 2005. Ich war sehr ergriffen, als ich die Fallberichte SUDEP-Opfer und die Informationen über die Präventionsarbeit las. Die Betroffenen waren zwischen 11 und 31 Jahren alt. Diese Geschichten haben mich sehr berührt und auch meine Arbeit beeinflusst. Am Ende der Publikation wurden die Länder (u.a. auch Deutschland) gefragt, was sie denn zum Thema machen. Doch in Deutschland gab es damals nichts. Das Thema fand damals einfach keine Beachtung. Ab 2005 habe ich dann versucht, die Fachwelt, Patienten und Angehörige mehr für das Thema zu interessieren.
Ich habe schon vor Jahren versucht, mit unseren Verbänden und Ärzten ins Gespräch zu kommen und sah mich als Interessierter –mir fehlten nur die Mitstreiter. Erst in den letzten Jahren hat sich viel mehr getan auf der Seite der Ärzte und Patienten. Der Begriff kommt häufiger vor und damit auch das Interesse auf Patientenseite, danach zu fragen.
Sie sprechen viel mit anderen Patientinnen/Patienten, über den Umgang mit Ihrer Erkrankung und die Risiken. Wie wird mit SUDEP als Risiko in der Selbsthilfe umgegangen?
Es ist noch viel gemeinsame Arbeit zu leisten. Grundsätzlich muss stärker über SUDEP aufgeklärt werden, auch von Seiten der Selbsthilfe. Wichtig sind dabei vor allem die "W-Fragen":
Was ist das?
Warum bei mir?
Wie funktioniert es?
Wen trifft es?
Wie häufig ist es? Was sind mögliche Auslöser?
Was kann ich zur Vorbeugung tun?
Was kann ich im Notfall tun?
Was kann man als direkter Angehöriger (Eltern, Partner) machen, damit es nicht passiert?
Wo findet man Hilfe?
Die Leute müssen anfangen, Fragen zu stellen. SUDEP sollte einfach ein Thema sein. Denn man kann etwas tun. Jeder kann die Risiken minimieren und so auch etwas für seine Sicherheit tun. Es wird leider noch immer zu wenig darüber gesprochen.